Im diesjährigen Jahrbuch vom "Leben am See" ist ein schöner Artikel über mich und meine Werkstatt erschienen.

Im diesjährigen Jahrbuch vom "Leben am See" ist ein schöner Artikel über mich und meine Werkstatt erschienen.

Der Weg zum Besprechungsraum von Axel Heizmann führt durch seine Werkstatt. Es gibt keine andere Möglichkeit. Und so gerät ein Besuch bei dem 46-Jährigen zwangsläufig vielleicht aber auch gewollt zu einer schrittweisen Annäherung an den Möbeldesigner. Eine Begegnung, die schon vor dem Gebäude beginnt. Der Weg zum Eingang einer von außen eher unspektakulär und nüchtern wirkenden Industriehalle im Sipplinger Gewerbegebiet bereitet den Besucher auf den Eintritt in eine andere Welt vor. Er folgt einem schmalen Gang, der rechterhand durch einen lang gestreckten Blumenkasten aus Stahl begrenzt wird. In ihm gedeiht unter anderem ein Bonsai-Bäumchen, das, wie das Entree selbst, für eine Reduktion auf das Wesentliche steht. Wenn dann die hohe Metalltür aufschwingt, an deren Außenseite ebenfalls zurück genommen Möbeldesign Axel Heizmann steht, findet sich der Besucher in einer meterhohen Werkshalle wieder. Hier wirkt nichts überflüssig, alles ist an seinem Platz und strahlt vor allem eines aus: Konzentration. Links erstreckt sich eine große Werkbank, dahinter fast liebevoll aufgereiht findet sich das Handwerkszeug eines Schreiners und gegenüber haben Maschinen zur Holzbearbeitung ihren Platz gefunden. Doch nicht an diesen Details bleibt das Auge des Betrachters hängen, sondern an dem kunstvollen Kachelofen, der sich ihm auf der rechten Seite der Halle präsentiert. Axel Heizmann ist Keramikmeister, der einst seine Prüfung in Mainz mit Auszeichnung abgelegt hat und sich deshalb noch heute gerne nicht nur mit ausgesuchten Möbelstücken sondern auch mit edlen Keramiken umgibt.

In einer hinter dem Keramikofen bis zur Hallendecke reichenden Trennwand ist eine große Glasscheibe eingelassen. Sie erlaubt dem Besucher einen ersten Blick in die dahinter liegenden Räume, die eher wie ein Refugium wirken, denn als Büro. Ein Eindruck, der sich fortsetzt, wenn der Besucher durch die Tür tritt: Zwei dahinter liegende Zimmer tragen nicht das für diese Anlässe typische Einheitskleid geschäftlicher Begegnungsräume. Ganz im Gegenteil. Der Möbeldesigner Axel Heizmann hat es verstanden, durch Einrichtung und Accessoires seinem Besucher das Gefühl zu vermitteln, ganz offiziell und doch privat bei ihm zu sein, als Kunde und Gast zugleich. Axel Heizmann hat in sein Büro mit den von ihm entworfenen und in Handarbeit gefertigten Tischen, Stühlen, Schränken und Bänken so sparsam möbliert, dass jedes der Stücke seine Wirkung entfallen kann.
Die Gesamtkomposition stimmt und setzt sich fort in selbst entworfenen und gefertigten Tischkeramiken. Hier hat alles seinen Platz. Nichts ist zu viel oder zu wenig, alles ist auf einander bezogen und ausgewogen. Nicht jedes Stück stammt von Axel Heizmann selbst. Der Möbeldesigner bedient sich der Accessoires anderer Designern und fügt sie dem Ensemble hinzu, wo immer sie ihm dabei helfen, eine wohnliche und zugleich eine Arbeitsumgebung zu schaffen: „Wenn ich in einem schönen Umfeld lebe und arbeite, dann geht es mir gut“, sagt der 46Jährige.

Axel Heizmann ist kein gelernter Schreiner, dennoch wurde er 2018 mit dem Staatspreis Gestaltung Kunst Handwerk des Landes BadenWürttemberg für den Benjamin unter seinen Schreibtischen ausgezeichnet. Der gerade einmal 75 Zentimeter breite und 95 Zentimeter tiefe Tisch aus Räuchereiche und Wenge entspricht vielleicht wie kaum ein anderes Möbelstück der Philosophie des Möbeldesigners: „Der Kleine ist eigens für das zeitgemäße, private Homeoffice gemacht: tiefer als breit, mit Platz für Laptop, Unterlagen und Schreibutensilien. Und mit dem Flair vergangener Zeiten, als Briefe schreiben noch Standard war“, heißt es auf seiner Website www.axelheizmann.com. Im Bodenseekreis zögerten im selben Jahr die Besucher der jährlichen Ausstellung imSchloss in Meersburg nicht lange: Sie erkoren den kleinen Schreibtisch zum Publikumsliebling.

Axel Heizmann stammt aus Überlingen. Sein Vater, eigentlich Ingenieur von Beruf, sattelte eines Tages auf die Produktion von Keramikkacheln um, mit Hilfe seiner Frau, die die Keramikkacheln bemalte. „Meine Eltern haben darauf ganze Geschichten in Bildern erzählt“, erinnert sich Axel Heizmann, der seinerzeit mit seinen Eltern und seinem Bruder nach Ruschweiler gezogen war. Dort wuchs er auf dem Land zwischen der Herstellung von Keramikkacheln und Schreinerei seiner Eltern auf. Das hat beide Kinder tief beeindruckt: Während Axels Bruder Landwirt wurde, ging Axel den künstlerischen Weg. Aber vor allem galt für beide: Es war eine glücklich Kindheit. „Ich konnte mich frei austoben, in beiden Werkstätten. Das war das Schöne“, erzählt Heizmann. Obwohl ihn der Werkstoff Holz faszinierte, begann Heizmann zunächst in Vorarlberg eine Ausbildung zum Keramiker. Das Ziel war klar: Eines Tages wollte er den Betrieb seiner Eltern übernehmen. Aber es kam anders. Heizmann verlebte seine Gesellenjahre in Mainz und kam mit moderner Architekturkeramik in Berührung. Dennoch: Als er mit 28 als Keramikmeister zurück an den Bodensee ging, um den Ablenkungen der Großstadt zu entfliehen, war nicht nur viel Zeit ins Land gegangen, sondern Axel Heizmann wollte sich vor allem auf sein künstlerisches Schaffen konzentrieren. Er sehnte sich nach Neuem. „Mir war der enge Radius der Töpferscheibe zu klein geworden“, sagt er. Töpferei sei etwas Heiliges, wer sich ihr verschreibe, arbeite am liebsten nur noch mit einem Material und einer Glasur, versuche, sie immer weiter zu vervollkommnen. „Aber daraus wurde für mich ein zu enges Korsett, das ich nicht wollte“, sagt er. „Mich hat es mehr zu den Möbeln hingezogen.“ Schon während seiner Lehrzeit hatte Heizmann die Wochenenden am liebsten in einer Schreinerei verbracht und auch in seiner Zeit als Geselle des Keramiker-Handwerks interessierte ihn vor allem eins: das Design von Möbeln

Heizmann ging nach England. Dort lies er sich an fünf Schulen inspirieren, hatte ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Tasche und wusste danach, dass ihn das Möbeldesign nicht mehr loslassen würde. „Das Entstehen ist das coole. Erst das rohe Brett und am Schluss steht da was, was schön ist und was man benutzen kann“, schildert er seine tiefe Faszination. Auf seiner Website heißt es: „Der erste Impuls kommt über das Auge: Diese ungewöhnliche Maserung, wie sie das Holz belebt! Der zweite Impuls folgt auf dem Fuße - aber mit der Hand: Anfassen, sofort! Wir können quasi nichts dagegen tun. Außer uns dem Impuls hinzugeben. Um einzutauchen in die sinnliche Welt der Oberflächen und der Haptik.“ Möbel zu designen ist für Heizmann deshalb eine Form der Kommunikation. Sich mit schönen Möbeln und Dingen zu umgeben bedeutet für ihn, sich selber wertzuschätzen.

In einem weiteren abgetrennten Abteil seiner Werkstatt hat Axel Heizmann einen Ausstellungsraum eingerichtet. Auch dorthin gelangt der Besucher wiederum nur durch die Werkstatt und vollzieht dabei in gewisser Weise den Weg der Entstehung vom unbearbeiteten Holz zum fertig gestalteten Möbel nach. Im Ausstellungsraum findet er dann die fertigen Unikate: zum Beispiel ein großes Bett. Es ist nicht nur das Design des großzügigen Schlafplatzes und das Holz, dass es besonders sein lässt. Wer einen Blick unter die Matratze wirft, stößt auf einen faszinierenden Lattenrost: Er besteht aus 130 kleinen, in Leinen eingefassten Tellern. Die beweglichen Polster leiten die Bewegungsenergie direkt in den Boden ab und nicht zum Partner. Auch hier strahlen die Schreibtische, die Stühle und Nachtische mit Schubladen eine tiefe Ruhe aus, handwerklich präzise, zeitlos modern und liebevoll bis ins allerletzte Detail ausgearbeitet. Jedes Stück einzeln von Hand gefertigt sind sie in diesem Sinne Unikate.

Apropos Schubladen. Sie faszinierten Axel Heizmann von kleinauf. „Schubladen erlebte ich schon als Kind als etwas ganz Besonderes. Wenn meine Oma ihre Küchenschublade öffnete, dann ging darin ein eigenes Universum auf“, erinnert er sich. „Die Schublade war mit schönem Geschenkpapier ausgelegt, darin befanden sich ihre Brille, der Geldbeutel, aus dem es manchmal Taschengeld für uns gab, eine gute Schere und Taschentücher.

Bei allem Bezug zum Gegenwärtigen weiß Axel Heizmann sehr wohl den Wert eines Möbels zu schätzen. Nachhaltigkeit gehört für ihn zum Wesenskern seines Schaffens. Er wendet sich gegen den Raubbau an Wäldern und arbeitet am liebsten mit Holz aus der nächsten Umgebung: „Die Bäume im Schwarzwald wachsen in 70 bis 100 Jahren nach, Bäume aus dem osteuropäischen Raum brauchen je nach Klimabedingung bis zu 300 Jahren“, sagt er und fährt fort: „Dann schaffe ich je nach Anlass 80 bis 150 Stunden an dem Holz, dass über eine so lange Zeit im Wald gewachsen ist“,. Schon allein diese Dimensionen erforderten eine hohe Wertschätzung des Produktes und die Entscheidung, nur einheimische Hölzer zu verarbeiten.

Als die Pandemie im vergangene Jahr den Menschen Einhalt gebot und jeden dazu zwang, seinen Lebensalltag auf Falsch und Richtig zu überprüfen, stellte auch Axel Heizmann sein Schaffen in Frage. „Ich habe mich gefragt: Ist das richtig, was ich mache und was sollte ich anders machen?“, sagt er. Daraus ist ein Plan B entstanden: „Ich habe mich entschlossen, ein Hobby in meine Werkstatt zu integrieren und werde jetzt hochwertige Trockenmöbel für Kräuter bauen.“ Seine Eltern hatten immer Kräuter gesammelt und haben diese Leidenschaft ihrem Sohn vererbt. Und so macht Heizmann das, was zunächst für einen Möbeldesigner überraschend klingen mag: „Ich werden etwas Schönem einen schönen Rahmen geben“, sagt er und diese Roste während der Landesgartenschau in Überlingen im Pavillon des Bundes Deutscher Kunsthandwerker (BDK) vorstellen.“

Mit der Teilnahme an der Landesgartenschau schließt sich für Axel Heizmann gewissermaßen ein Kreis: „Als ich 2001 nach Sipplingen zog, habe ich mich irrsinnig gefreut, endlich wieder in meiner Heimat zu sein“, gesteht er. Nun füge er, inspiriert durch Hobby und die Heimatverbundenheit seiner Mutter mit seinen Trockenrosten und Trockenmöbeln, gefertigt aus guten Hölzern aus dem Salemer Tal, seinem Œuvre ein Stück Heimat hinzu.

Das Interview und der Text kommen von Michael Schnurr / Sipplingen.

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